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NASCAR: Analyse New Hampshire September 2010

von KristianStooss
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Clint Bowyer gewann wie 2007 das erste Chase-Rennen, während einige Favoriten durchaus ins Schwitzen kamen und wertvolle Punkte liegen ließen. Da neun weitere Rennen folgen, kann aber natürlich noch viel passieren. Das zweite Saisonrennen in New Hampshire tat sich anfangs nicht als spannungsgeladen hervor, wurde dann aber zu einem handfesten Spritpoker.

Wie so viele Saisonrennen in diesem Jahr drohte auch der erste Chase-Termin in New Hampshire zunächst zu einem Langweiler zu verkommen. Satte 200 der 300 Runden hatten so gut wie nichts mit der Rennentscheidung zu tun, einzig und allein Clint Bowyer unterstrich, dass der Sieg wohl nur über ihn gehen würde. Nun muss ich sagen, dass es natürlich nicht immer und in jeder Runde Action am laufenden Band geben kann, doch in letzter Zeit verkümmert der Sprint Cup diesbezüglich etwas. Der Langstreckencharakter der Rennen der ersten NASCAR-Liga sticht deutlicher hervor denn je: Mehr als die Hälfte eines Rennens ist das Feld damit beschäftigt, sich extrem zurückzuhalten und sich bestenfalls gut für die Schlussphase zu positionieren.

Nach einem Langweiler in der ersten Rennhälfte, lieferte das Ende einen spannenden Spritpoker und machte das Leben vieler Chase-Teilnehmer erheblich schwerer. Die ersten 200 von 300 Runden sind – mal wieder – schnell erzählt: Brad Keselowski ist seine Führung nach zwei Runden an Tony Stewart losgeworden und konnte am Ende nur Platz 18 einfahren. Zwei kurze Gelbphasen im ersten Drittel sorgten dafür, dass Scott Speeds Rennen nach einem Einschlag in der Mauer beendet war und Marcos Ambrose und Paul Menard wertvolle Plätze nach einem Dreher aufgeben mussten. Für alle Involvierten endete der Tag jenseits von Position 28.

Clint Bowyer setzte sich unterdessen während Gelbphase 1 in Führung, als er nur zwei neue Reifen aufzog. Dort sollte er dann auch eine längere Zeit verweilen. Boxenstopps unter grüner Flagge brachten um Runde 100 herum keine signifikante Veränderung der Machtverhältnisse, die übliche Rotation der Führenden brachte Clint Bowyer am Ende erneut als „leader“ hervor. Es folgte eine dritte Gelbphase wegen Debris in Runde 147 und auch diesmal führte Bowyer das Feld zurück zur grünen Flagge, welche bis in Umlauf 206 anhielt. Dann platzte Mark Martin ein Reifen und die rennentscheidende Phase begann endlich nach zwei Dritteln des Rennens.

Alle Fahrer der Spitzengruppe kamen in Runde 208 zum Boxenstopp und es war klar, dass bei noch 92 zu fahrenden Runden das Spritfenster (75-80 Umläufe) nicht geschlossen werden konnte. Da es in der Folge jedoch noch zu vier weiteren Gelbphasen kam, wurde es für Pokerspieler nun reell, das Rennen auch ohne zusätzlichen Sprit beenden zu können. In den Top10 befanden sich beim Restart Clint Bowyer, Tony Stewart, Carl Edwards, Denny Hamlin, Jeff Gordon, Jeff Burton, Kurt Busch, Jimmie Johnson, Ryan Newman und Kyle Busch und damit fast ausnahmslos Chaser. Allgemein hatte man das Gefühl, es liefe für die Meisterschaftsfavoriten ein wenig zu sorglos und das sollte sich dann auch zwei Runden nach dem Schwenken der grünen Flagge ändern:

In Runde 213 drehte Carl Edwards den Meisterschaftsführenden Denny Hamlin um, weil er „loose“ wurde und die Strecke herauf rutschte. Über Funk ließ Edwards seinen Konkurrenten wissen, dass es ihm Leid täte und es keine Absicht gewesen wäre. Hamlin quittierte die Entschuldigung mit der Aussage, Edwards würde es selbst noch Leid tun. Sein gutes Abschneiden am Ende des Tages dürfte den kurzzeitigen Frust aber vergessen gemacht haben, denn von Platz 22 arbeitete Hamlin sich noch auf den zweiten Rang vor und hatte sogar eine Chance auf den Rennsieg. Kurz vor der ausgelösten Gelbphase schob sich Tony Stewart an Clint Bowyer vorbei in Führung und machte in der Folge auch nur noch zweimal kurz für Jamie McMurray Platz an der Spitze.

Die nächste Gelbphase wurde wieder nur wenige Runden nach dem Restart in Umlauf 221 ausgerufen, weil Jeff Burton Kurt Busch abräumte. Da Kyle Busch dahinter vom Gas ging, drehte ihn Jimmie Johnson um, was als Resultat allen drei Fahrern gute Platzierungen in den Top10 verwehrte. Lediglich Kyle Busch wurde am Ende Neunter und betrieb ebenso Schadensbegrenzung wie sein Bruder Kurt als 13. Johnson verpokerte sich beim anschließenden Boxenstopp, der alle Fahrer sicher ins Ziel bringen würde, welche sich denn auch für ein Nachfassen von Benzin entschieden. Johnson wollte zu viel und ließ zusätzlich vier neue Reifen aufziehen, was ihn ans Ende der Führungsrunde zurückwarf. Damit war die #48 aus der Entscheidung draußen und beendete das Rennen lediglich als schlechtester Chaser auf Platz 25.

Vorne entschieden sich Tony Stewart, Clint Bowyer und Jeff Burton dafür, auf einen Tankstopp zu verzichten, weil die hohe Frequenz der Cautions ein Durchfahren möglich machte. Einige Fahrer, wie z.B. Jamie McMurray und David Reutimann verließen die Box mit nur zwei neuen Reifen und befanden sich plötzlich in den Top5. Für beide Piloten sollte sich diese Entscheidung im Nachhinein auszahlen, McMurray nahm den dritten Platz mit und Reutimann wurde noch starker Siebter. In Runde 228 waren damit alle Zutaten für ein spannendes Finale im Topf gelandet und es stellte sich die Frage, ob Stewart, Bowyer und Burton würden durchfahren können.

Zwei weitere Gelbphasen brachten noch einmal die Möglichkeit, weiteren Sprit zu sparen. Zuerst räumte Brad Keselowski Matt Kenseth ab und bescherte dem Chase-Teilnehmer damit am Ende des Nachmittags Platz 23. Später erwischte es dann noch Joey Logano, der einem übersteuernden Kurt Busch zum Opfer fiel. 50 Runden vor Schluss stand der letzte Restart an, der die Führenden eine lange Zeit zittern ließ. Denn von hinten nahte mit riesigen Schritten Denny Hamlin heran und übte Druck auf Stewart und Bowyer aus, nachdem er zehn Runden vor Schluss den dritten Platz erobert hatte. Nacheinander ging nun erst Jeff Burton und dann dem Führenden Tony Stewart das Benzin in den letzten beiden Runden aus. Clint Bowyer blieb wie durch ein Wunder genug Sprit übrig, um das Rennen vor Hamlin zu gewinnen.

Wie knapp es war, zeigten aber seine „burnouts“ im Anschluss, bei denen ihm endgültig der Saft ausging. Alles in allem ist Clint Bowyer aber ein verdienter Sieger geworden, denn er konnte zuvor mehr als die Hälfte der Renndistanz anführen und sicherte sich somit auch fünf Bonuszähler in der Meisterschaft. Es war erst Bowyers insgesamt dritter Cup-Sieg, nachdem er 2007 schon einmal das Chase-Auftaktrennen gewinnen konnte und im folgenden Jahr in Richmond die „victory lane“ besuchte. Wenn sein erneuter Sieg ein gutes Omen sein sollte, dann beendet er 2010 vielleicht wieder auf einem tollen dritten Rang in der Meisterschaft.

Wo kamen die anderen Chase-Fahrer an?
Denny Hamlin wurde Zweiter und hatte eine gute Chance, das Rennen zu gewinnen, wäre Bowyer ebenfalls der Sprit ausgegangen.
Kevin Harvick (5.) hielt sich schadlos, fuhr wieder einmal in die Top5 und untermauerte damit seine unheimliche Konstanz in diesem Jahr.
Jeff Gordon fuhr ebenfalls unauffällig auf Rang 6.
Kyle Busch wurde nach dem Kontakt mit Jimmie Johnson Neunter.
Carl Edwards kam auf Rang elf ins Ziel, Kurt Busch wurde Dreizehnter.
Jeff Burton rollte ohne Benzin aus und wurde noch als 15. gewertet.
Greg Biffle holte sich zwei Führungsrunden und beendete das Rennen als 17.
Matt Kenseth, Tony Stewart und Jimmie Johnson belegten nach einem Unfall, dem verlorenen Spritpoker bzw. einer taktischen Fehlentscheidung an der Box geschlossen die Ränge 23-25.

Hier noch der Rest vom Schützenfest:
Dale Earnhardt Jr. legte endlich mal wieder ein Super-Rennen hin und konnte nach einer unauffälligen Fahrt den vierten Platz belegen.
Juan Pablo Montoya blieb ein gutes Ergebnis verwehrt, nachdem das Auto im Verlauf des Rennens zunehmend schwächer wurde. Mehr als Rang 16 war für den Kolumbianer nicht drin, zuvor hielt er sich mehrmals in den Top10 auf.
– Besser lief es dagegen für den Teamkollegen Jamie McMurray der einen dritten Platz einfuhr, nachdem er beim letzten Boxenstopp mit nur zwei neuen Reifen ordentlich „track position“ gewann.
David Reutimann (7.), Ryan Newman (8.) und Sam Hornish Jr. (10.) waren die verbliebenen Nicht-Chase-Piloten in den Top10.
Mark Martin erlebte einen „bescheidenen“ Tag und fand nach seinem Reifenplatzer nicht mehr ins Rennen zurück, sein Endergebnis ist ein enttäuschender 29. Platz.

In der Meisterschaft führt jetzt Denny Hamlin vor dem Rennsieger Clint Bowyer und Kevin Harvick. Am Ende der Top12 haben Greg Biffle, Jeff Burton, Tony Stewart und Matt Kenseth nun schon nach einem Rennen mehr als 100 Punkte Rückstand. Besonders für Stewart ist das bitter, immerhin hätte er fast gewonnen und stünde in dem Fall ganz woanders in der Tabelle. Da noch neun Rennen folgen, ist natürlich nicht alles verloren; es bleibt spannend.

Zu den Top35 der Owner-Wertung gab es auf der Mediaseite der NASCAR noch keine aktuelle grafische Übersicht, deswegen vorerst bei Jayski.com nachschauen.: Interessant ist jetzt vor allem die Entwicklung bei Robby Gordon Motorsports zu verfolgen. Nachdem Front Row Motorsports und ich mich in der letzten Woche schon ganz sicher wiegten, tauschte Gordon einfach den Platz mit Kevin Conway. Angeblich weil Gordon für dieses Wochenende einen eigenen Sponsor für das Rennen gefunden hatte, nun war aber Speedfactory.tv auf seinem Toyota zu sehen gewesen und das ist im Prinzip Robby Gordons eigene Internet-TV-Show – ergo sein eigenes Geld. Ich vermute, dass Gordon bei der Performance von Conway kalte Füße bekommen hat und seinen Einsatz im nächsten Daytona 500 gefährdet sah.

Zuvor verlautbarten Conway und sein Sponsor ExtenZe ja noch vollmundig, dass der Rookie die Saison bei RGM beenden würde, aber man behauptete ja auch kurz vor der Trennung von Front Row Motorsports, dass an den „Trennungsgerüchten“ nichts dran sei. Mittlerweile kam dann auch ans Tageslicht, dass Conways Sponsor bei FRM wohl nicht mehr den vollen Betrag pro Rennen bezahlte, aber über die Hintergründe müssen sich jetzt die Gerichte streiten. Da Gordon auch in Dover mit Speedfactory.tv in seinem eigenen Auto sitzen wird, vermute ich, dass das Abenteuer Kevin Conway bei RGM beendet sein dürfte. Dass dies eine gute Entscheidung gewesen sein könnte, zeigte Robby Gordon indem er gleich mal ein paar Punkte auf die #38 von Front Row Motorsports gut machte. Der Abstand beträgt jetzt immerhin schon wieder 110 Punkte. Bill Jenkins‘ #26 musste einen Schnitt hinnehmen, nachdem Fahrer Jeff Green die Qualifikation verpasste.

Kevin Conway und ExtenZe erscheinen mir derweil von Woche zu Woche suspekter. Ständig wird da irgendwas angekündigt, wo nichts dahinter steckt. Dann stimmen die Zahlungen angeblich nicht und die Leistungen des Fahrers erst recht nicht. Die Spannung bleibt also auch hier erhalten, bei den kleineren Storys im Starterfeld. Nächstes Wochenende geht es dann in Dover weiter…

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