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NASCAR: Analyse Michigan Juni 2010

von KristianStooss
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Wer am Sonntag zugunsten des Spiels der Deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika auf das Cup-Rennen der NASCAR in Michigan verzichtet hatte, machte damit im Grunde genommen nichts falsch. Vier Tore waren vermutlich ansehnlicher als die Denny-Hamlin-Show.

Das Rennen auf dem Michigan International Speedway bot exakt zwei Phasen: Den Teil, in welchem Denny Hamlin noch nicht in Schwung gekommen war und den Teil, welchen Denny Hamlin dominierte. Bis Runde 50 brauchte Crew Chief Mike Ford, um Hamlins Wagen in eine Rakete zu verwandeln. Allerdings war die #11 im ersten Rennviertel ohnehin schon konstant in den Top5 unterwegs. Bis dahin führte der Polesitter Kurt Busch das Feld an und konnte seine Führung durch zwei Gelbphasen (Dreher von Marcos Ambrose und „debris caution“) retten. Zu diesem Zeitpunkt sah es so aus, als sei der ältere Busch-Bruder derjenige, den es zu schlagen gilt. In Runde 52 ging dann aber Denny Hamlin nur einen Umlauf nach dem Schwenken der grünen Flagge in Führung und läutete die zweite Phase des Rennens ein.

Es folgte eine knapp 50 Runden andauernde Grünphase, welche erst bei den „green flag stops“ wieder interessant wurde. Hier machte Hamlin den einzigen Fehler des Tages und kam nicht so richtig von seinem Boxenplatz weg, was Kurt Busch die Führung für vier Runden zurückbrachte. Dann war nämlich Kasey Kahne an der Reihe und machte sich mit einem Überholmanöver zum dritten Siegkandidaten des Rennens. Alle neun Werks-Ford (Roush, RPM und die Wood Brothers) setzten an diesem Wochenende auf den neuen FR9-Motor und es ging auch gleich bergauf. Zwar ist man noch weit von der alten Form entfernt, brachte aber immerhin fünf Fords in die Top15. Kahnes Führung hielt aber nur vier Runden, weil die beiden Red-Bull-Fahrer unbedingt das F1-Manöver ihrer beiden Teamkollegen Sebastian Vettel und Mark Webber nachahmen wollten.

Casey Mears versuchte unten an Scott Speed vorbeizukommen als er plötzlich nach oben rutschte und die #82 in einen Dreher schickte. Speed konnte sein Auto zum Glück mit einem abenteuerlichen Drift von der Mauer fernhalten. Zum Restart war dann plötzlich Sam Hornish Jr in Front, weil er auf einen Boxenstopp während der Caution verzichtete – immerhin waren seine Reifen ja erst etwas mehr als zehn Runden alt. Die zwei Reifen, die der Rest des Feldes aufziehen ließ, lohnten sich aber gewaltig: Innerhalb von drei Runden war Hornish seine Führung an Kurt Busch los, doch auch für diesen sollte es nicht sein. Denny Hamlin kehrte nach seinem kleinen Patzer wieder stark zurück und übernahm in Runde 113 endgültig die Herrschaft über das Rennen. Im Grunde genommen war nun der Tag gelaufen, denn die Führung gab der nächstjährige Hendrick-Fahrer Boxenstopp-bereinigt nicht wieder aus der Hand.

De facto lagen aber Matt Kenseth und ein zweites Mal Kasey Kahne während der nun folgenden ewigen Fahrt unter Grün kurz an der Spitze, jeweils als Hamlin sich zu einem „green flag stop“ verabschiedete. 20 Runden vor Schluss hatte der Gibbs-Pilot dann bereits einen Vorsprung von neun Sekunden auf den Zweitplatzierten Kahne herausgefahren, was NASCAR dazu brachte, nach Staubkörnern auf der Strecke Ausschau zu halten. Ein letzter Boxenstopp während der folgenden „debris caution“ veränderte die Reihenfolge in den Top5 für den finalen Restart aber nicht mehr, weil die neun vordersten Fahrer draußen blieben. Hamlin lag also vor Kahne und Kurt Busch, dahinter hatten sich Jeff Gordon und Greg Biffle platziert. Denny Hamlin ließ im 14-Runden-Sprint nichts mehr anbrennen und gewann in Michigan sein fünftes Saisonrennen.

Bei Hendrick holten Gordon, Johnson und Earnhardt drei unauffällige Top5-Resultate

Weiter hinten nutzten Jimmie Johnson, Tony Stewart, Dale Earnhardt Jr und Jeff Burton ihre neuen Reifen und arbeitete sich noch an Greg Biffle vorbei, Joey Logano komplettiert die Top10. Für Joe Gibbs Racing wieder ein Top-Ergebnis, nur Kyle Busch (20.) kam nicht so richtig in Schwung nachdem er das Rennen wegen eines Motorwechsels am Ende des Feldes starten musste. Die Fahrer von Hendrick Motorsports fuhren ein unauffälliges Rennen, was zu einem halbwegs guten Abschluss führte: Jeff Gordon (4.), Jimmie Johnson (6.) und Dale Earnhardt Jr (7.) konnten in die Top10 fahren, nur Mark Martin (16.) fand sich außerhalb wieder. Beim Kundenteam von Stewart-Haas Racing erwischte nur Tony Stewart (5.) einen guten Tag, Ryan Newman (32.) war über ein Teil gefahren, welches sein Handling zerstörte. Richard Childress Racing belegte die Plätze 8 (Jeff Burton), 19 (Kevin Harvick) und 22 (Clint Bowyer) und konnte meine Erwartungen nicht so richtig umsetzen.

Das Chevrolet-Lager komplettieren Juan Pablo Montoya mit Platz 13 und Earnhardt-Ganassi-Teamkollege Jamie McMurray auf Rang 24. Für den Kolumbianer sollte nun mit dem ersten Rundkursrennen in Sonoma am nächsten Wochenende wieder ein besseres Ergebnis folgen – er wird es jedenfalls bei 189 Punkten Rückstand auf den Chase brauchen. Bei Dodge und Kurt Busch (3.) war nur am Anfang ein Kraut gegen Denny Hamlin gewachsen, Sam Hornish Jr (26.) und Brad Keselowski (27.) verschwanden im Mittelfeld. Das zweite Toyota-Lager von Michael Waltrip Racing platzierte sich mit Marcos Ambrose (15.), Martin Truex Jr (17.) und David Reutimann (18.) geschlossen in den Top20. Bei Red Bull Racing lief wie berichtet gar nichts zusammen, Scott Speed kam auf Platz 28 an, während Casey Mears (36.) aufgrund mehrerer Kollisionen viel Zeit in der Garage verbrachte. Beim Team hofft man nun ebenfalls auf Sonoma, wo bekanntlich Mattias Ekström die #83 fahren wird.

Zu guter letzt noch die Ergebnisse der Ford-Piloten, welche mit dem neuen FR9-Motor wieder ein Stück konkurrenzfähiger geworden sind: Kasey Kahne brachte einen starken zweiten Rang nach Hause und hätte ohne Hamlins-Dominanz wohl den ersten Ford-Sieg in einem Punkterennen seit dem Talladega-Chase-Rennen 2009 eingefahren. Greg Biffle (9.) schaffte es in die Top10, welche AJ Allmendinger (11.), Carl Edwards (12.) und Matt Kenseth (14.) nur knapp verwehrt blieb. Elliott Sadler (21.), Paul Menard (25.) und David Ragan (34.) setzten ihre schlechte Serie fort und fanden sich außerhalb der Top20 ein, Bill Elliott fuhr auf Platz 29.

Gibbs führt seit dem Spoilerwechsel das Feld an und Ford kommt mit dem FR9 sehr spät

Insgesamt zeigt das, dass die Ford-Ingenieure doch noch ordentlich Arbeit vor sich haben, um zur alten Stärke zurück zu finden. Der neue Motor kommt wirklich sehr spät, alle anderen Hersteller haben schon vor einigen Jahren den letzten Wechsel vollzogen: Chevy (R07) 2007 und Dodge (R6P8) 2008. Die aktuellen Toyota-Motoren datieren ja vom Einstieg des Herstellers in den Cup 2007 und wurden von Toyota Racing Development entwickelt, von denen nur Joe Gibbs Racing unabhängig arbeitet. Dieses Team ist im Moment auch jenes, welches es zu schlagen gilt. Hendrick Motorsports schwächelt weiterhin seit der Einführung des Heckspoilers, wenn auch in Michigan nicht mehr so stark wie zuletzt. Diese Tendenz belegt die Spoiler-Vermutung: Vor Martinsville gewann Jimmie Johnson drei von fünf Rennen und danach setzten sich Denny Hamlin und Kyle Busch in sieben von zehn Meisterschaftsläufen durch.

Der Meisterschaftsführende Kevin Harvick hält sich derzeit noch mit regelmäßigen Top10-Resultaten über Wasser, doch bei diesem Gibbs-Ansturm ist RCR die Tabellenspitze vermutlich in ein paar Wochen los. Unabhängig von den Spoiler-Entwicklungen ist Penske Racing, denn die haben sowohl davor als auch danach jeweils ein Rennen gewonnen. Im nächsten Jahr wird das alles noch eine Nummer interessanter werden, denn dann steht eine weitere Änderung am CoT an: Es gibt ab 2011 im Cup neue Frontpartien, um wieder mehr Unterscheidungsmerkmale zwischen den vier Herstellern zu haben. Dabei sollen die Entwicklungserfahrungen des Nationwide-CoT genutzt werden, wodurch auch die Streben am Splitter in Zukunft überflüssig werden. Mal sehen, wie die Designs dann letztendlich aussehen werden; die aerodynamischen Auswirkungen dürften das Kräfteverhältnis bestimmt wieder kräftig durchrütteln.

In der Meisterschaft führt derzeit noch Kevin Harvick; aber wie lange noch?

Zum Ende noch die beiden Meisterschaftstabellen: Nach Ryan Newman ist nur noch Martin Truex Jr (-93) innerhalb von 100 Punkten hinter dem Chase, in den nun auch Tony Stewart vorgedrungen ist. Dafür musste Clint Bowyer weichen, was den leichten Abwärtstrend von RCR im Moment bestätigt. Ganz vorne dürften wie gesagt Denny Hamlin und Kyle Busch bald Kevin Harvick überholen. Bei den Top35 ist nun Bobby Labonte nach einem weiteren „start & park“ in ganz gefährlichem Fahrwasser angekommen, zur Not hat man aber immerhin noch die sechs „champion’s provisionals“. David Stremme konnte in der #26 weitere Punkte auf Robby Gordon aufholen und wird in Sonoma von Boris Said vertreten.

Bei Front Row Motorsports konnte nur Travis Kvapil vor Gordon ins Ziel kommen und verkürzt damit nach dem Punktabzug den Rückstand auf die #7 etwas. Am nächsten Wochenende werden wieder die Cockpits getauscht: David Gilliland gilt als guter Qualifier und soll das bestrafte Auto von Kvapil zurück in die Top35 und vor allem sicher ins Feld bringen. Rookie Kevin Conway hatte in Michigan Pech: Nachdem er in der Qualifikation nicht gut aussah und nur durch die „owner points“ ins Rennen gesetzt wurde, gab sein Motor nach 38 Runden den Geist auf. Es sind also diese sechs Teams, welche sich um die rechentechnisch vier verbliebenen garantierten Startplätze streiten.

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1 Kommentare

nona 15 Juni, 2010 - 14:12

Hab’s nicht gesehen, aber auf „Nascar Now“ meinten die Kommentatoren mit deutlich gebremstem Schaum, Nascar sollte hinsichtlich der Debris Cautions „vielleicht“ nochmal eine Abwägung machen, inwieweit man denn nun Entertainment sei und inwieweit tatsächlich Sport, da man mit sowas inzwischen drauf und dran wäre, seine Glaubwürdigkeit zum Teufel zu schicken. Fand ich für amerikanische Verhältnisse schon bemerkenswert.

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