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NASCAR: Analyse Charlotte Mai 2010

von KristianStooss
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Beim Coca-Cola 600 sicherte sich Kurt Busch in dominanter Manier seinen zweiten Saisonsieg und festigte damit seine Chase-Platzierung. In 4h:08min:20sek war diese Ausgabe des längsten NASCAR-Saisonrennens mit nur acht Cautions während der 400 Runden schnell absolviert.

Kurt Busch hatte in diesem Rennen, welches sich durch viele „green flag runs“ auszeichnete, eigentlich zu jeder Zeit das perfekte Auto. Die Gelbphasen lagen für den Fahrer der blauen #2 so günstig, dass er während 252 der 400 Runden in Führung lang. Zwar führten noch 16 andere Fahrer bei insgesamt 33 Führungswechseln das Feld an, doch das sind bis auf wenige Ausnahmen die normalen Verschiebungen bei den Boxenstopps unter grüner Flagge gewesen. Eigentlich hatten außer Kurt Busch nur vier andere Piloten eine ernsthafte Chance auf den Rennsieg: Jamie McMurray, Jimmie Johnson, Kyle Busch und David Reutimann.

Der Polesitter Ryan Newman wurde bereits nach elf Runden von Kurt Busch gefressen und landete am Schluss auf dem neunten Platz. Auch Dale Earnhardt Jr konnte 50 Runden vor dem Ende noch zehn Umläufe anführen, was jedoch an einer veränderten Boxenstrategie lag. Alle Fahrer absolvierten den letzten „green flag stop“ schnellstmöglich, nachdem sie rechnerisch im Benzinfenster für den finalen Run angekommen waren, um mit neuen Reifen schneller unterwegs zu sein. Da aber zu diesem Zeitpunkt noch Sprit für zehn Runden im Tank war, konnte Earnhardt wenigstens einige Führungskilometer schnuppern, bevor er dann am Ende der Führungsrunde auf Platz 22 abgewinkt wurde.

Das Rennen startete wie erwähnt mit dem Führungsverlust von Ryan Newman an Kurt Busch in Runde 12. Der erste „fuel run“ war nach 50 Umläufen beendet und unter grüner Flagge standen die ersten Boxenstopps an, welche für einige Teams die herbeigesehnte Möglichkeit zur Veränderung des Autos bot. Es zeigte sich nämlich, dass viele Wagen ziemlich „loose“ unterwegs waren und wohl erst in der hereinbrechenden Dunkelheit besser funktioniert hätten. Auch Jimmie Johnson konnte das Übersteuern nie so ganz loswerden, was später auch das Ende seines Rennens bedeuten sollte. In Runde 61 erwischte es dann wie so oft einmal wieder Juan Pablo Montoya, der übersteuernd abflog. Er konnte die #42 zwar noch wieder fangen, schlug aber mit der linken Front an die innere SAFER-Barrier, was ihn dann zu einer längeren Zwangspause in der Garage zwecks Splitter-Wechsel zwang.

Da der letzte Reifenwechsel zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit zurücklag, zogen einige Teams nur zwei neue Reifen auf, während Denny Hamlin gleich gar nicht erst an die Boxen fuhr. Eine Runde später setzte Kurt Busch dann seine Dominanz fort und schnappt sich erneut die Führung, welche anhielt bis Marcos Ambrose in Runde 91 sein Auto in der Mauer versenkte. Nun kam zum ersten Mal Jimmie Johnson ins Spiel, der nach den folgenden Boxenstopps als Erster wieder auf die Strecke zurückkehrte. Kurt Busch musste jetzt zum einzigen Mal zurückstecken, denn es gelang ihm nicht, Johnson sofort nach der grünen Flagge zu überholen. Das Duell dauerte zwar einige Runden, aber letztendlich musste Busch sich dem Dauermeister geschlagen geben. 15 Umläufe später berichtete Jimmie Johnson seinem Crew Chief Chad Knaus wieder von einem übersteuernden Auto, was dieser allerdings in Anbetracht der bald untergehenden Sonne nicht negativ bewertete.

Damit sollte er aber nicht Recht behalten, denn Johnsons Spiel war im Grunde genommen jetzt schon vorbei. Seinen mehrsekündigen Vorsprung war er in Runde 130 dann endgültig los, als sich beide Busch-Brüder an der strauchelnden #48 vorbeischoben. Zwanzig Umläufe später standen erneut „green flag stops“ auf dem Plan und Kyle Busch bekam 15 Runden lang den Platz an der Sonne, den eigentlich sein Bruder gebucht hatte – bei den Boxenstopps war die Crew der #18 aber schneller am Werk. Dann kam es nämlich zum ersten Zwischenfall, der einen übersteuernden Jimmie Johnson involviert sah. Während er sich im Ausgang von Turn 4 fast von der Strecke drehte, schickte er Denny Hamlin zum Rasenmähen ins Infield, wobei sich dieser den Splitter beschädigte. Bei den folgenden Boxenstopps warf dann Kyle Busch fast sein Rennen weg, als er nach dem Stopp mit Brad Keselowski kollidierte.

Dann begann nach dem Restart in Runde 172 die gähnende Langeweile im Mittelteil des Rennens: Nach einer Debris-Caution (Runde 213) war zwar Clint Bowyer kurz vorne, aber eben nur für eine Runde bevor Kurt Busch die blaue #2 wieder an die Spitze verfrachtete. Bei den „green flag stops“ nach weiteren 50 Umläufen war dann plötzlich Matt Kenseth vorne, weil er zuerst auf neue, schnellere Reifen wechselte. Dieser kluge Schachzug zahlte sich allerdings nur drei Runden lang aus, denn nun war Jimmie Johnson wieder an der Reihe; dieses Mal aber damit, seinen übersteuernden Chevrolet gänzlich zu zerlegen. Nach der grünen Flagge in Runde 277 hatte Kurt Busch erneut nach einem Umlauf die Führung zurückerobert. Spätestens hier zeigte sich, dass Buschs Auto auf den „short runs“ unschlagbar war.

Gegen Ende hätte dann nur noch Jamie McMurray den Busch-Dodge stoppen können

Jedoch ging es nun bereits auf das Finale zu und aus dem Verfolgerfeld schickte sich der letzte Gegner von Kurt Busch an diesem Abend an, dem Dodge von Roger Penske Konkurrenz zu machen. Wie beim Indy 500 hieß es nun: Ganassi gegen Penske! Da aber Montoya bekanntlich schon aus dem Rennen war, bleibt es an Jamie McMurray hängen, dem siegreichen IndyCar-Teamchef auch noch einen Erfolg beim Coca-Cola 600 zu schenken. In Runde 299 zeigte McMurray, dass die #1 auf den „long runs“ gegen Ende hin unschlagbar war. Lediglich 20 bis 30 Runden kostete es McMurray in der Folge, Kurt Busch immer wieder die Führung abzuluchsen. Jetzt stellte sich nur noch die Frage, wie lange wohl der letzte Run des Rennens gehen würde, denn das war für den Ausgang zwischen Busch und McMurray entscheidend.

In kurzer Folge verabschiedeten sich daraufhin zunächst Robby Gordon und dann Greg Biffle in die Mauer, bevor sich das Spiel zwischen Busch und McMurray von Runde 313 über den Führungswechsel in Runde 339 bis zu den letzten Boxenstopps unter grüner Flagge 50 Umläufe vor Schluss wiederholte. Wie bereits erwähnt führt hier Dale Earnhardt Jr noch kurzzeitig zehn Runden, bevor Jamie McMurray wieder übernahm. Sollten die letzten 50 Runden nun tatsächlich unter Grün beendet werden, so wäre der #1 von Chip Ganassi wohl der Sieg nicht mehr zu nehmen gewesen, da Kurt Buschs Wagen im späteren Verlauf der Runs immer an Speed verlor, während McMurray noch zulegen konnte.

Doch dann kam es tatsächlich noch zu einer Caution, weil Marcos Ambrose seinen Toyota wie so viele Fahrer an diesem Abend in die Mauer schickte. Kurt Busch nahm für das Finale noch einmal zwei neue Reifen mit und Jamie McMurray verlor an der Box ein paar Positionen. Jeff Gordon und Mark Martin blieben draußen und sicherten sich wertvolle „track position“, die ihnen schließlich noch Top6-Ergebnisse sicherte. Nach der ersten Runde des nun folgenden, 19 Runden lagen Shootouts hatten sich Kurt Busch (von Platz 4) und Jamie McMurray (von Rang 6) schon wieder an die Spitze gesetzt. Nun stellte sich nur noch die Frage, ob der Chevy von McMurray innerhalb dieser kurzen Distanz schon wieder auf volle Touren kommen würde.

Am Ende kam Jamie McMurray jedoch nur bis auf 0,737 Sekunden an den Rennsieger Kurt Busch ran, der damit seinen ersten Erfolg beim Coca-Cola 600 feiern durfte. Roger Penske bekam somit noch seine Revanche an Chip Ganassi für das verlorene Indy 500. Die Top5 komplettierten Kyle Busch, Mark Martin und ein starker David Reutimann. Auf den Plätzen 6-10 landeten Jeff Gordon, Clint Bowyer, der beste Ford mit Paul Menard, Ryan Newman und Matt Kenseth; der Tabellenführer Kevin Harvick fuhr in einem unauffälligen Rennen Platz 11 ein. Viele Top-Fahrer wie Kasey Kahne, Tony Stewart, Carl Edwards und Denny Hamlin waren kaum im Bild und mussten sich mit einem Top20-Ergebnis zufrieden geben.

Auch Martin Truex Jr, der über weite Strecken in den Top5 unterwegs war, kam am Ende nicht über Rang 23 hinaus. Jeff Burton hatte ebenfalls kein Glück und beendete das Rennen letztlich mit einer Runde Rückstand auf Position 25. Ganz schlecht schnitten die RedBulls ab: Im gesamten Rennen nicht zu sehen und mit mehreren Runden Rückstand nur am Ende der Top30 klassifiziert. Außer den fünf am Anfang genannten Fahrern, hatte keiner etwas mit dem Ausgang des Rennens zu tun. Es hat mich dann doch überrascht, dass ausgerechnet die so schwach vertretene Dodge-Truppe und das eher vom Pech verfolgte Earnhardt-Ganassi Racing sich im Finale um den Rennsieg stritten.

Harvick führt weiterhin die Meisterschaft an / Cockpittausch bei Front Row bewährt sich

In der Fahrerwertung musste sich Martin Truex Jr wieder aus den Top12 verabschieden, dafür ist nun Ryan Newman nach einem Top10-Ergebnis vorläufig für den Chase qualifiziert. Clint Bowyer und Jamie McMurray konnten Plätze auf den Chase gutmachen, während Tony Stewart zwei Ränge abgeben musste. In den Top12 ging es für Rennsieger Kurt Busch und Jeff Gordon gleich einige Plätze nach vorne. Dagegen rutschte Jimmie Johnson nach seinem erneuten De-facto-DNF drei Plätze ab. Die Pechsträhne des amtierenden Meisters scheint sich mit dem vierten Ergebnis schlechter als Platz 30 fortzusetzen. An der Spitze steht nach wie vor Kevin Harvick, der durch extreme Konstanz die Tabellenführung hält. Nach 13 Rennen hat er zwar erst einen Sieg, aber schon neun Top10-Ergebnisse auf dem Konto. Dahinter lauert Kyle Busch nun als ernsthafter Herausforderer.

Chancen auf den Chase haben unter dem in der Grafik aufgelisteten Jamie McMurray noch Tony Stewart (-27), Dale Earnhardt Jr (-54), Joey Logano (-86) und mit Abstrichen vielleicht David Reutimann (-125). Auf Platz 20 und 21 folgen dann Juan Pablo Montoya und Kasey Kahne, für die es mit 176 bzw. 183 Punkten Rückstand vermutlich bereits zu spät ist. Das wiederholte Pech Montoyas sowie die andauernde Unterperformance bei Richard Petty Motorsports werden 2010 wohl größere Erfolge verhindern. Doch bei Jimmie Johnson hat man zuletzt gesehen, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Die beiden letztjährigen Chaser können vielleicht noch mit Einzelsiegen auf sich aufmerksam machen, das Potenzial dazu haben zumindest beide Fahrer.

Bei den Owner Points hat sich wieder etwas gedreht, denn nach Charlotte findet sich plötzlich Robby Gordon außerhalb der Top35 wieder. Nach dem genialen Fahrertausch bei Front Row Motorsports brachte David Gilliland die #38 wieder zurück „on the bubble“ und auch Travis Kvapil konnte in der #37 vor Gordon ins Ziel kommen. Rookie Kevin Conway holte in Charlotte weniger Punkte als Gordon und macht sich auf, den Vorsprung der #34 auf Platz 36 wieder zu dezimieren. Die Punktetabellen sehen dann letztendlich so aus:

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