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NASCAR: Vorschau Richmond April/Mai 2010

von KristianStooss
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Nach dem Rennen auf dem Superspeedway von Talladega wird es nun wieder Zeit für Shorttrack-Action. An diesem Wochenende sind der Cup und die Nationwide Series auf dem 0,75-Meilen-langen Richmond International Raceway in Virginia zu Gast; die Trucks fahren in Kansas.

Der Shorttrack in Richmond, Virginia ist wieder eine Strecke mit ganz viel Tradition, denn zum einen ist der Cup hier fast seit Anbeginn seiner Geschichte mit zwei jährlichen Rennen vertreten und zum anderen liegt der Speedway inmitten des NASCAR-Kernmarktes – den Südstaaten. Nach der Superspeedway-Lotterie erwartet uns an diesem Wochenende wohl wieder ein überschaubareres Rennen, welches über eine Distanz von 300 Meilen gehen wird. Das „Crown Royal Presents the Heath Calhoun 400“ trägt seinen Namen wegen der Anzahl der zu fahrenden Runden, welche bei 0,75 Meilen Streckenlänge eben 400 beträgt. Der lange Name rührt von einem Gewinnspiel des Hauptsponsors her, der das April-Rennen regelmäßig nach dem Gewinner benennt. Traditionell finden beide Richmond-Rennen in den USA immer am Samstagabend statt, was für uns wiederum bedeutet, dass wir eine Nachtschicht einlegen müssen. Zunächst ein Überblick über den Richmond International Raceway und seine Geschichte, zitiert aus einer früheren Vorschau:

Seit 1953 fährt der Cup nun schon in Richmond, damals allerdings noch auf einer Halbmeile. 1988 erfolgte dann ein größerer Umbau, der dem Shorttrack die heutige Streckenlänge von 0,75 Meilen (1,21km) in einer D-Form verpasste. 1991 kam schließlich die Flutlichtanlage hinzu, welche seit 1998 auch beim Frühlingsrennen eingesetzt wird. 14° beträgt die Kurvenüberhöhung in den vier Turns und die geschwungene Start/Zielgerade weist immerhin noch 8° auf. Die Backstraight muss dagegen mit 2° auskommen. Eine beeindruckende Statistik betrifft die Zuschauerzahl an der Strecke: Bis zum September 2008, als ein Hurricane das Rennen um einen Tag verzögerte, war der Richmond International Raceway sage und schreibe 32 Meisterschaftsläufe am Stück ausverkauft.

In der NASCAR ist Richmond für gute Shorttrack-Action bekannt, „bumping and banging“ soweit das Auge reicht. Besonders gut konnten das in der Vergangenheit Dale Earnhardt Jr. und Kyle Busch, die sich hier öfter in die Quere kamen. Liegt ein Fahrer in der letzten Runde vorne, bedeutet das nicht automatisch einen Sieg für ihn. Ein enger Zweikampf kann dann auch schon mal etwas hemdsärmelig geführt werden und das hängt hier besonders von der Aggressivität, sowie dem Ruf der Fahrer ab. Fährt ein Mark Martin hinter einem, dann kann man sich fast sicher sein, dass man keinen Schuppser bekommt, der einen die untere Linie kostet. Bei Kyle Busch oder Tony Stewart sollte man lieber schauen, dass man seinen Hintern möglichst weit von der Stoßstange des Verfolgers fernhält. Wie immer gilt die alte Shorttrack- und Superspeedway-Weisheit: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus!“

Richmond gehört wie alle Shorttracks zu den Strecken, die die Bremsen stark beanspruchen. Die Bremsscheiben kann man gerade in der Nacht fantastisch glühen sehen. Um die Renndistanz von 300 Meilen (483 km) bzw. 400 Runden heil zu überstehen, muss fürsorglich mit dem Material umgegangen werden. Das bedeutet, früh vom Gas zu gehen, stiefmütterlich zu bremsen und den Wagen mit dem Schwung durch die Kurve zu tragen. In Turn 2 und Turn 3 bekommt man mit alten Reifen dann schnell Probleme, da die Gegengerade nicht geschwungen ist und man in Turn 2 schnell an der äußeren Mauer ankommt. Der Kurveneingang von Turn 3 gestaltet sich oft etwas eckig und kann für Überholmanöver genutzt werden, wenn es einem gelingt, die „Nase unten reinzustecken“. Das Mitnehmen des Schwungs funktioniert gut bei der Einfahrt in Turn 1, hier kann man den Wagen wunderbar bis zum Scheitelpunkt rollen lassen. Für das Überholen ist es wichtig, aus Turn 4 möglichst viel Schwung mit auf die Zielgerade zu nehmen.

Ich persönlich mag die Strecke in Richmond sehr, sie strahlt irgendwie etwas Besonderes aus. Das ganze Ambiente des Nachtrennens ist wahnsinnig schön anzuschauen und die Strecke gibt mit ihrer Charakteristik auch einiges her; vor allem eben wegen dieser D-Form, welche die beiden Turns so individuell macht. Richmond ist so ein bisschen eine Mischung aus Bristol und Martinsville: Die Kurvengeschwindigkeiten sind halt höher als auf der flachen Büroklammer im selben Bundesstaat, die Bremsen sind aber ebenso wichtig. Vom Fahrgefühl kommt es wiederum Bristol näher, welches zwar schneller ist, aber einen ähnlichen Rhythmus erfordert. Für Spannung könnte sorgen, dass die Strecke in Virginia nicht unbedingt ein Freund der Seriensieger ist. Die Liste der bisherigen Sieger, die gleich von drei Fahrern angeführt wird, verdeutlicht das:

1.Dale Earnhardt Jr, Tony Stewart, Jimmie Johnson (je 3)
2.Jeff Gordon (2)
3. Mark Martin, Joe Nemechek, Kasey Kahne, Clint Bowyer, Jeff Burton, Matt Kenseth, Ryan Newman, Kevin Harvick, Kurt Busch, Kyle Busch und Denny Hamlin (je 1)

Auf den ersten Blick sieht das wieder gefährlich nach einer Hendrick-Dominanz aus, eigentlich sind aber nur Johnsons drei Siege sehr aktuell, er gewann unter anderem 2007 beide Saisonrennen in Richmond. Die Erfolge von Stewart, Dale Jr und Mark Martin liegen mehrere Jahre zurück, als alle auch bei anderen Teams unterwegs waren. Jeff Gordon zählt den Raceway auch nicht unbedingt zu seinen Favoriten, jedoch sind alle Hendricks normalerweise mindestens für die Top5 gut. Martin, Gordon und Stewart zähle ich deshalb trotzdem mit zu den Siegkandidaten. Kurz vor dem Chase 2009 prophezeite ich den lang überfälligen ersten Sieg des Lokalmatadors Denny Hamlin, der schon länger in der Luft lag. Wenn er weiterhin so fantastisch unterwegs ist wie jetzt, dann könnte er die Fahrt in die Victory Lane wiederholen. Hamlin hat sich im Gegensatz zu den ersten paar Saisonrennen massiv gesteigert und trotz einer Knieverletzung schon zwei Saisonsiege auf dem Konto. Vielleicht wird er doch noch eine große Gefahr für Johnson und seinen angestrebten fünften Titel in Folge.

Als weiteren Top5-Kandidaten sehe ich Kyle Busch, der in Richmond konstant ebensolche Platzierungen erreichte. Die drei Chevys von RCR erwarte ich mindestens in den Top10, ihre Konstanz ist bekannt auch wenn es zu Siegen meist nicht reicht. Kevin Harvicks Talladega-Erfolg könnte jedoch der Mannschaft zum Aufschwung verhelfen. Von den Roush-Fenway-Fords erwarte ich an diesem Wochenende nicht allzu viel, dafür ist Richmond einfach nicht das große Ford-Pflaster: Der letzte Ford-Sieg stammt aus dem Jahr 2005, als Kurt Busch noch für Jack Roush unterwegs war. Der letzte Erfolg im April-Rennen datiert gar aus dem Jahr 1999(!), wo Dale Jarrett eine Fahrt in die Victory Lane gelang; Toyota und Chevy sollte man also vorne erwarten. Juan Pablo Montoyas bestes Ergebnis auf dem Richmond International Raceway ist ein zehnter Platz aus dem letztjährigen Frühjahr. Außerdem habe ich noch Sam Hornish Jr auf meiner Beobachtungsliste, denn er konnte im letzten Jahr zwei Top10-Resultate für Roger Penske auf dem Oval einfahren – schon ziemlich erstaunlich.

In der Meisterschaft führt nach wie vor Jimmie Johnson vor dem Rest der NASCAR-Welt, sein Vorsprung ist allerdings nach seinem Talladega-Crash zusammengeschmolzen. Innerhalb von 100 Punkten verfolgen ihn Kevin Harvick (-26), Greg Biffle (-86) und Matt Kenseth (-99). Die beiden Fords werden am Wochenende vermutlich weiter zurückfallen. Die fünft und sechst platzierten Kyle Busch (-160) und Mark Martin (-169) haben eine gute Chance auf das Roush-Duo aufzuholen. Die Top12 komplettieren Kurt Busch (-177), Dale Earnhardt Jr (-181), Denny Hamlin (-185), Jeff Gordon (-193), Clint Bowyer (-237) und Jeff Burton (-241). Diese Chaser werden unmittelbar durch Carl Edwards, Tony Stewart und Martin Truex Jr gejagt, die weniger als 50 Punkte Rückstand auf Platz 12 haben. Joey Logano, Jamie McMurray und Ryan Newman liegen weniger als 100 Punkte hinter Jeff Burton, während Paul Menard und Juan Pablo Montoya die Top20 komplettieren.

Bei den Top35 in der Owner-Wertung ist Robby Gordon wieder drinnen, David Gilliland aber dafür draußen. Die Abstände sind verschwindend gering, da tut sich vermutlich jede Woche etwas. Dazu habe ich hier einen Link zur genauen Übersicht der garantierten Startplätze im hinteren Feld rausgesucht. Die offizielle Meisterschaftstabelle findet man außerdem hier.

Das Nachtrennen startet am Samstag in der Nacht auf Sonntag gemäß der neuen einheitlichen Startzeiten um ca. 1:45 Uhr, FOX überträgt ab 1 Uhr live von der Strecke. Die Nationwide Series fährt schon eine Nacht vorher auf ESPN2, welche ebenfalls um 1 Uhr auf Sendung gehen. Das Cup-Qualifying ist übrigens am Freitagabend ab 23:30 Uhr auf SPEED zu sehen. Generell finden alle Sessions außerhalb des Cup-Rennens am Freitag statt, da kann man schön den ganzen Abend schauen, sofern man denn Zeit hat. Dazu kommen am Sonntagabend ab 18:30 Uhr noch die Trucks auf SPEED, welche an diesem Wochenende in Kansas die IndyCars unterstützen; oder auch andersrum, da Will Power, Scott Dixon und Co ja schon einen Tag vorher fahren.

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